Das erste Schulgebäude Aubings

Dieses Gebäude an der Altostraße 16 ist für die Geschichte Aubings der letzten 200 Jahre von großer Bedeutung. Denn dort, wo heute die Bereitschaft West 3 des Bayerischen Roten Kreuzes untergebracht ist und dessen Eigentümerin die Stadt München ist, vollzog sich vor fast genau 200 Jahren ein grundsätzlicher Wandel im Schulsystem: Erstmals bekam Aubing ein eigenes Schulgebäude, der bisherige Unterricht in der großen Stube eines Bauernhofes hatte endgültig ausgedient.

Einer unserer Fachleute formulierte es so: „Der Schulhausbau in Aubing dokumentiert die Neuorientierung der Schulpolitik und des Baus von insbesondere Dorfschulen am Anfang des 19. Jahrhunderts unter König Maximilian I. und Graf Montgelas, durch die offensichtliche Missstände zum öffentlichen Wohle beseitigt wurden. Er zeigt, wie damals die besondere Aktivität eines einzelnen Baubeamten, Gustav von Vorherr, diese Entwicklung voranbringen konnte.“

Ein Blick in die Umbruchszeit vor 200 Jahren

Die Erbauungszeit des ersten Schulhauses von Aubing, also die Zeit am Anfang des 19. Jahrhunderts (1822), bedeutet für die Entwicklung des Schulbaus, insbesondere in den Dörfern, einen Wendepunkt. Bis dahin fand Schulunterricht in gewöhnlichen Bauernhäusern mit Stall und Scheune statt, nicht selten auch in der Wohnstube des Lehrers. Die Zustände in den damaligen Unterrichtsräumen, vor allem die hygienischen Mängel, beklagt im Jahr 1796 sehr ausführlich der Priester und Schulrat Joh. Michael Steiner in einer Rede in München. Nach einer drastischen Schilderung der überaus schlechten und gesundheitsschädlichen Luft- und Raumsituation in den „Wohnungen unserer meisten Landleute“ sagt er: „Wer aber so eine Bauernstube kennt, kennt auch das Lehrzimmer der meisten Schullehrer auf dem Lande: beyde haben gleiche Ingredienzien der Stubenatmosphäre. Nur hat man in das oben angerühmte Viereck einer Bauernstube, wenn sie Schulstube heißen soll, noch ein dutzend Bänke hineinzusetzen, und zwischen diese 40 bis 50 Kinde zu zwängen, so ist die wahre Abbildung einer Landschule fertig …“. Die Schlafkammer des Lehrers sei im Winter nicht zu gebrauchen, weswegen dann in der Schulstube auch Bett und Kindsbett der Lehrersfamilie stehen: „… und so vegetieren in Gesellschaft der Haustiere unter wohltätigem Einfluße einer dicken Atmosphäre, als Hoffnung der Nachwelt, große und kleine Kinder“ (aus dem Gutachten von Werner Dilg für das Landesamt für Denkmalpflege).

Im Wandel der Zeiten

Das erste Schulgebäude von Aubing stand über zweihundert Jahre im Dienste der Aubinger Bevölkerung: 70 Jahre Dorfschule, 20 Jahre Polizeistation, 50 Jahre Kindergarten, Handarbeitsschule und Sozialstation, 40 Jahre Volkshochschule und bisher 50 Jahre Rotkreuz-Stützpunkt. Es ist zu einem wesentlichen Bestandteil der Geschichte des Dorfes geworden.

Polizeistation, ca. 1910

Nach 1893 wurde durch den Umzug der Schule in den Neubau an der heutigen Ubostraße im frei gewordenen Schulgebäude der Gendarmerieposten Aubing, einschließlich der Dienstwohnung für den Leiter, eingerichtet.

Kindergarten, 1925

Pfarrer Oswald Böhmer engagierte als Vorsitzender des St. Vinzenz-Vereins die Dillinger Franziskanerinnen und mietete für sie von der Gemeinde Aubing die zu diesem Zeitpunkt leerstehenden Räume, ab 1918 das ganze Haus Altostr.16. Die Schwestern führten in den Räumen des Hauses bis 1966 einen Kindergarten („Kinderbewahranstalt“), der ein fester Bestandteil der Kindheit vieler Aubinger Familien war.

BRK-Station 2015

Nach dem Auszug der Schwestern bezog die „Außenstelle Aubing“ der Volkshochschule München das Gebäude. Als Stätte für Erwachsenenbildung war das Haus von 1966-2007 wiederum öffentlich genutzt und über 40 Jahre mit Leben erfüllt. In das Obergeschoß zog die Kolonne Aubing des BRK ein; daneben wurde eine Wohnung eingebaut. 2007 übernahm das Rote Kreuz das ganze Haus.

Denkmalgeschützt, aber kein Denkmal

Geht man heute in der Alten Schule auf die Suche nach Spuren aus der Anfangszeit, trifft man, trotz der langen Nutzungszeit von fast 200 Jahren, immer noch auf wichtige Elemente: Die spezielle Konstruktion des Dachstuhls, die noch original erhaltene Treppe vom Obergeschoß ins Dachgeschoß (siehe Bild), die Fußböden mit den ursprünglichen Dielen (heute überdeckt), sowie die in Grund- und Aufriss erkennbare Struktur, wie sie Gustav von Vorherr in seinen Musterentwürfen vorgegeben hatte.

Wir haben 2015 das Gebäude beim Landesamt für Denkmalpflege zur Eintragung als Einzeldenkmal vorgeschlagen. Trotz der Verhandlungen, die sich über mehrere Jahre hinzogen, war es nicht möglich, das Landesamt von der Denkmalwürdigkeit des Gebäudes zu überzeugen. Aufgrund der (für die lange Nutzungszeit verständlichen) Veränderungen im und am Gebäude sei der Originalzustand nicht mehr ablesbar, so das Hauptargument der Denkmalschützer. Wenigstens ist seit der Bestätigung des Ensembleschutzes für den ehemaligen Dorfkern Aubings die Alte Schule in diesem Rahmen vor größeren Zerstörungen geschützt, allerdings nur, was sein Äußeres angeht.

Die Alte Schule wird saniert

2018 beschloss der Stadtrat, das seit 2014 bestehende Sanierungsgebiet Neuaubing-Westkreuz (enthält auch das Areal Ubostraße) um das Ensemble des ehemaligen Dorfkerns von Aubing zu erweitern. Aus den, durch Untersuchungen auf verschiedenen Gebieten wie energetischer Zustand der Gebäude, Grünflächen, Verkehr, Ökonomie etc. ermittelten Defiziten Gebiet wurden folgende Handlungsziele für die städtebauliche Entwicklung definiert. Der Beschluss des Planungsausschusses vom 6.11.2019 setzt folgende Sanierungsziele für die Teilmaßnahme „Ortskern Aubing“ fest: Wahrung der geschichtlichen Identität des Ensembles zur Stärkung der Identifikation mit dem Wohn- und Arbeitsort sowie Entwicklung und Aufwertung von öffentlichen Freiflächen.

Konkret bedeutet dies, dass für die Alte Schule als ortsbildprägendes und erhaltenswertes Gebäude ein Sanierungskonzept erstellt wird. Außerdem gibt es Überlegungen, den Garten um das Gebäude für die Öffentlichkeit zu erschließen und einen durchgehenden Weg von der Altostraße zum rückwärtigen Querweg zu schaffen. Nach derzeitigen Informationen soll das beauftragte Büro das Sanierungskonzept bis Ende 2021 vorlegen. Mit dem Abschluss der Sanierung ist, Stand heute, im Jahr 2024 zu rechnen. Es besteht zur Zeit Konsens darin, die hintere Gartenanlage im Sinne eines Bauerngartens zu erhalten und wie bisher als Nutz- und Ziergarten fortzuführen. Die Erlebbarkeit des heute für die Öffentlichkeit weitgehend „unsichtbaren“ Gartens soll aber in Zukunft auf ganz unterschiedliche Arten möglich gemacht werden. Von einem Architekturbüro wurde inzwischen drei Entwurfsvarianten zur Fassadengestaltung und zum Vorbereich entwickelt, die am 31. Januar 2023 im Kulturzentrum UBO 9 der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.

Ein wichtiger Schritt ist geschafft: Durch einen gemeinsamen Antrag von CSU, SPD und Grüne/Bündnis 90 wurde im Stadtrat beschlossen, die Finanzmittel für die weiteren Planungsarbeiten zur Sanierung der ersten Schule Aubings (Altostraße 16) in den Haushalt einzustellen.

Wie könnte das Ergebnis aussehen?

In einer Präsentationsveranstaltung am 31. Januar 2023 erläuterten die Architekten (BEM Landschaftsarchitekten und Stadtplaner; Baur und Latsch Architekten) drei mögliche Varianten eines Sanierungskonzepts für die Gebäude. In allen Varianten soll der hintere Gartenbereich möglichst unangetastet bleiben. Offen ist die Frage, ob es eine Durchwegung auf der Nordseite geben soll und wie sie aussehen könnte. Wir stellen Ihnen die Varianten unten kurz vor.

Der weitere Weg sieht vor, eine bevorzugte Variante zu ermitteln, eine Kostenberechnung zu erstellen und letztlich für den Stadtrat eine Beschlussvorlage zu erstellen. Nach Aussagen des Vertreters des Planungsreferats wird der Stadtrat jedoch im laufenden Jahr keine Entscheidung mehr treffen können.

Variante 1: Nach der ersten Variante bleibt der Gebäudebestand, wie er zur Zeit ist. Angepasst werden die Fenstergrößen im Erdgeschoß zur Altostraße hin. Die Fenster werden als Sproßenfenster gestaltet, ebenso sollen wieder Fensterläden und Spaliergitter angebracht werden.Der Vorgarten soll öffentlich über einen Seitenweg zugänglich gemacht werden.

Variante 2: Die zweite Variante sieht einen deutlichen Eingriff in den Gebäudebestand vor, indem der nichthistorische Anbau auf der Südseite durch einen nicht mit dem Gebäude verbundenen Neubau mit einem Schulungssaal und Toiletten ersetzt wird. Der Vorplatz vor dem Gebäude soll, wie in der Variante 1 beschrieben, gestaltet werden. Die Fenstergrößen im Erdgeschoß sollen auf das historische Maß rückgebaut werden. Sproßenfenster und Spaliergitter sind ebenso vorgesehen.

Variante 3: Die dritte Variante ist insofern eine Abwandlung der zweiten Variante, als ebenfalls ein neues, selbständiges Zusatzgebäude errichtet werden soll (mit Umkleiden und Lager), das jedoch deutlich länger, dafür schmaler als in der Variante 2 gedacht ist. Der Vorgarten soll zur Straßenseite hin halbkreisförmig als Aufenthaltsmöglichkeit geöffnet werden. Die Veränderungen am historischen Gebäude sind identisch mit der Variante zwei. Bei allen Varianten wird auch die Frage von Stellplätzen, wenigstens für ein Dienstfahrzeug, diskutiert werden müssen. In den Varianten 1 und 3 müsste man auf das im hinteren Garten liegenden Gebäude mit Ausfahrt zur Lidlstraße zurückgreifen.

Über uns

Der Förderverein 1000 Jahre Urkunde Aubing e.V. steht für die Förderung der Kultur und der Heimatpflege im 22. Stadtbezirk der Landeshauptstadt München.

Wir sind Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Aubing-Neuaubinger Vereine und Kooperationspartner des Stadtteilkulturzentrums UBO 9.

Kontakt

Förderverein 1000 Jahre Urkunde Aubing e.V., Walter-Schnackenberg-Weg 11, 81245 München

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