Der alte Hausname war "Beim Wirt"

Die früher hier gegenüber der Kirche bestehende Wirtschaft sowie der Bauernhof dazu waren mit die ältesten Anwesen in Aubing. Bereits 1426 wurde es als Tafernwirtschaft (Gaststätte bzw. Dorfschenke) bezeichnet und 1504 wird dort ein Weinwirt namens „Martin“ erwähnt.

Es gab sicherlich noch keinen Bierausschank, denn das Bierbrauen war zu dieser Zeit schwierig, die Haltbarkeit sehr begrenzt, die Kühlung zudem aufwändig und ein Transport fast unmöglich. Gewissen Gerichtsprotokollen zufolge scheint es noch ca. weitere drei Generationen gedauert zu haben, bis auch in Aubing der Siegeszug des Bieres begann.

Größenmäßig muss die Wirtschaft gut ausgestattet gewesen sein, mussten doch alle Hochzeiten dort abgehalten werden (vermutlich bis zur Säkularisation) und hier wurden auch alle niedergerichtlichen Aufgaben ausgeübt und protokolliert (durch einen vom Kloster Ettal beauftragten Hofmarksrichter). Diese niedere Gerichtsbarkeit war zuständig für leichtere Vergehen sowie Polizeiaufgaben, wie Überprüfung und Genehmigung von Bauten, Feuerstätten und Wegen; auch Notar-Tätigkeiten waren damit verbunden.

Interessanterweise erlitten Haus und Hof keine größeren Schäden im 30-jährigen Krieg während der Brandschatzung durch die „Schweden“ im Jahr 1632, als fast das halbe Dorf abbrannte.

Gesichert ist jedoch, dass am Kirchweihmontag 1869 die Wirtschaft abbrannte. Zum Glück war man versichert! Etwas nach Norden versetzt wurde das Haus daraufhin neu aufgebaut, nunmehr allerdings stattlicher und mit einem größeren Hof (zur Straße weiterhin offen, ansonsten im rechten Winkel drei Gebäude).

Im ersten Stock war der Tanzsaal (des Ortes) eingerichtet. Ein idyllischer Biergarten sowie eine überdachte Kegelbahn im Salettl ergänzten das Anwesen.

Der Dorfchronist Josef Steinbacher erwähnt, dass hier zeitweise auch der Maibaum stand.

Vom Wirt zur Bahnhofsrestauration

Nachdem der Bahnhof seit 1873 gleich in der Nähe lag, benannte man den Gasthof nun um in „Bahnhofrestauration„.

Auch wurde dort eine Brennerei mit Brennmeister sowie eine Metzgerei für Hausschlachtungen betrieben. Dies bedeutete keinen eigenen Metzgerladen, sondern die Bauern brachten ihre Tiere dorthin, um sie (vorwiegend für den eigenen Verzehr) schlachten sowie verarbeiten zu lassen.

Von 1917 bis 1969 führten Gaststätte und Hof bis zu ihrem Tod das allseits angesehene Ehepaar Anna und Georg Sedlmayr. Die letzte Veranstaltung war dann im Fasching 1970. Die Wirtschaft stand seitdem leer. Zwischenzeitlich an die Herzogliche Brauerei Tegernsee verkauft, wurde sie am Ende von der Stadt München erworben. Diese ließ das zusehends immer mehr verkommene Gebäude schließlich 1980 abreißen. Das geschah vor allem aus einer gewissen Angst vor Hausbesetzern. Das Gebäude, das sogar unter Denkmalschutz stand, hätte zwar wieder neu aufgebaut werden sollen, doch inzwischen standen jetzt „finanzpolitische“ Gründe dagegen.

In den ehemaligen Stallungen des Hofes befand sich von 1955 – 1974 die Besamungsstation der Zuchtverbände Ober- und Niederbayerns („Bullenstation“). Hier hielt man 24 Zuchtbullen, deren Erbgut (gekühlt) per Bahn an Rinderhaltungen im südbayerischen Raum verschickt wurde.

Niedergang, Abriss und neue Nutzungen

Am 5. August 1960 schlug dort bei einem plötzlichen Gewitter der Blitz ein. Glücklicherweise konnte man durch ein schnelles Eingreifen der Freiwilligen und Städtischen Feuerwehren das Großfeuer löschen und vor allem die (überaus verängstigten) Tiere retten. Die Stallungen wurden wieder instand gesetzt.

1974 wurde die erfolgreiche Besamungsstation aus Platzgründen in die Nähe der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht Grub verlegt.
In den rückwärts gelegenen Stallungen sind schon seit mehr als 25 Jahren Reitpferde untergebracht.
In den südlichen Teil des Querbaus zog nach einer Zwischennutzung durch einen kleinen Ableger der Uher-Werke (damals bekannt für seine Tonbandgeräte) vor etwa 30 Jahren das THW ein.

Nach langen und heftigen Diskussionen finanzierte die LH München mit 2,2 Millionen D-Mark im Nordteil des Querbaus einen Umbau, in dem seit 2002 der Kreisjugendring München-Stadt den Jugendtreff „Aubinger Tenne“ betreibt. Im Stockwerk darunter fanden im Festjahr 2010 (1000 Jahre Aubing) zwei große Ausstellungen statt.

2016 eröffnete die LH München nach einer ergänzenden Sanierung und leichtem Umbau dieser Räume das Stadtteilkulturzentrum UBO 9, das seit 2021 von „QuarterM“ betrieben wird.

2023 soll gemäß einem Beschluss des Stadtrats der LH München im Dezember 2022 ein städtebaulicher Wettbewerb zur Gestaltung eines Dorfplatzes (heute Parkplatz vor dem THW-Gebäude) ausgelobt werden. Für 2026 oder später plant die Feuerwehr an der Stelle, an der ehemals die Bahnhofsrestauration stand, einen Neubau eines Feuerwehrgerätehauses.

Quellen und Literatur:
Josef Steinbacher: Aubing, Pfarrdorf bei München, St. Ottilien 1983
Josef Steinbacher: Geschichte der 99 Häuser Aubings, Eigendruck Pfarrkirchenstiftung St. Quirin
Josef Feneberg: Aubinger Häuserbuch, Aubinger Archiv e. V., 2010
KulturGeschichtspfad, Stadtbezirk 22, LHS München Kulturreferat, 2012
(Text: Walter Niedhammer; Titelbild Werner Dilg, Fotos Aubinger Archiv e.V. und Werner Dilg)